CHOR TONART MACHT ATRIUM ZUR HOLZKIRCHNER ELBPHILHARMONIE

Experiment gelungen

Chor TonArt macht Atrium zur Holzkirchner Elbphilharmonie

Dieses Experiment ist gelungen: Der Chor TonArt Sauerlach-Holzkirchen hat das Atrium zu einer Holzkirchner Elbphilharmonie gemacht. Mit einem besonderen Konzert.

Holzkirchen – Jetzt hat Holzkirchen auch seine Elbphilharmonie – zumindest ein bisschen. Als die mazedonische Pianistin Rebeka Stojkoska am Sonntagabend in die Höhe des Lichthofes im Atrium-Gesundheitszentrum blickte, stellte sie die Verbindung zu dem viel gepriesenen Hamburger Konzerthaus ein wenig schmunzelnd schon einmal her. Und tatsächlich gehen die umlaufenden Gänge der drei Etagen mit ein bisschen Fantasie als Ränge eines modernen Konzertsaals durch. Das Experiment des Chors TonArt Sauerlach-Holzkirchen um seinen rührigen Leiter Clayton Bowman, dort erstmals ein Konzert zu veranstalten, kann jedenfalls als gelungen gelten.

Michael Werner hatte als Sprecher der Praxen und Gesundheitseinrichtungen im Atrium in seiner Begrüßung betont, dass es nach regelmäßigen Kunstausstellungen höchste Zeit wurde, in dem architektonisch reizvollen Foyer endlich auch der Tonkunst Raum zu geben.

Die knapp 200 Zuhörenden waren um den Flügel im Eingangsbereich und auf die Etagen darüber verteilt, die 30 Sängerinnen und Sänger standen vor und auf der Treppe. Obwohl Glas und Beton im Gebäude dominieren, ist die Akustik alles andere als hart, der Chor klingt erstaunlich warm, der Flügel angenehm transparent.

Bowman hat sich für das Konzert zwei klavierbegleitete Liedzyklen ausgesucht. Der US-amerikanische Komponist Randall Thompson (1899-1984) vertonte zum 200-jährigen Bestehen der Stadt Amherst in Massachusetts Gedichte von Robert Frost, sieben davon gab der Chor mit Stojkoska am Flügel zum Besten. Der seinerzeit in den USA populäre Dichter beschreibt in einfacher Sprache die Natur seiner Heimat, Thompson liefert lautmalerisch die oft melancholisch klingende Musik dazu. Die im Verhältnis 2:1 verteilten Frauen- und Männerstimmen nahmen sich souverän des englischen Originaltextes an und vermittelten überzeugend die detailverliebten Schilderungen („The woods are lovely, dark an deep, but I have promises to keep and miles to go before I sleep“). Eingebettet in die beiden Blöcke mit Chormusik, spielte die in Deutschland ausgebildete Pianistin zwei Suiten der weithin unbekannten mazedonischen Komponisten Tomislav Zografski (1934-2000) und Blagoj Canev (1937- 2020) – kleine Bravourstückchen, die Stojkoska brillant interpretierte.

Im Herbst 1894 verbrachte der englische Komponist Edward Elgar (1857-1934) zusammen mit seiner Frau Alice einen Urlaub im Werdenfelser Land. Sie dichtete unter dem Eindruck des dort Erlebten Verse, er vertonte daraus sechs Chorlieder. Und so sang TonArt – wieder am Flügel begleitet von Stojkoska – voller Inbrunst aus Bayern mitgebrachtes, bis zu vierstimmiges Volksliedgut auf Englisch: „Quaff the bright brown ale my treasure, Hark! what joyous sounds“ – was nichts anderes heißt, als sich das süffige Bier schmecken zu lassen. Fast zu einer Hymne ans Bayernland geriet Elgars Lied von den Murnauer Schützen, die es dem dichtenden und komponierenden Ehepaar wohl besonders angetan hatten („Sharp is the crack! ‘tis done! Lost is the chance or won“).

Mit Bowman hat der Chor seit fast acht Jahren einen impulsiven, aber zugleich empfindsamen Dirigenten, der die Laien musikalisch einfühlsam fordert. Damit alle Musizierenden ihm seine Wünsche wie ein zartes Piano oder sattes Forte auch zuverlässig abnahmen, bediente Bowman sich eines kleinen Taktstocks.

Am Ende des knapp eineinhalbstündigen Konzerts forderte das Publikum mit stürmischem Applaus eine Zugabe, die der Chor gerne lieferte. Mit dem noch einmal dargebotenen Wiegenlied („Sleep, oh! Sleep, my son“) ging das geglückte Experiment im Atrium alias Elbphilharmonie zu Ende. Und wenn es bei einer möglichen Neuauflage eines Musikabends dort noch gelingt, das störende Geräusch der ständig auf- und zuschlagenden elektrischen Eingangstür während des Vortrags abzustellen, hat Holzkirchen einen weiteren Konzertort gefunden.

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