BESUCHERMAGNET STEINAU AN DER STRAßE: WO DIE GROßE HöHLENSPINNE WOHNT

Steinau ist eine Kleinstadt mit etwas mehr als 10.000 Einwohnern. Was sie bemerkenswert macht, ist zum einen die malerische Lage im Kinzigtal zwischen Vogelsberg und Spessart. Dazu besitzt Steinau eine kulturelle Vielfalt, um die es manch größere Stadt beneiden darf. Besucher haben die Auswahl unter sehr unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten: von der Theaterspielstätte Theatrium und einem Lesecafé über einen Freizeiterlebnispark für Familien und einen Kletterpark bis hin zu einer Tropfsteinhöhle und einem Stausee. Mehrere Märkte, Führungen von Märchenerzählerinnen und Puppentheatertage ziehen sich wie eine rote Linie durch das touristische Jahr.

Unweit vom Rathaus gelegen, steht ein besonderes Kleinod: In einem der schönsten Renaissanceschlösser im weiten Umkreis tobten als Kinder einst die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm herum, deren Elternhaus aus dem sechzehnten Jahrhundert nur einen Steinwurf entfernt lag. Hier, im gut erhaltenen ehemaligen Amtshaus der Familie Grimm, verbrachte das berühmte Brüderpaar einen Großteil seiner Kinderjahre. Deshalb bekam Steinau auch das Recht, sich wie Hanau, die Geburtsstadt von Jacob und Wilhelm, Brüder-Grimm-Stadt nennen zu dürfen. Außerdem wurde in Steinau im Jahr 1975 im historischen Rathaussaal die Deutsche Märchenstraße gegründet.

Virtuelle Begegnung der Gebrüder Grimm

Im Grimmhaus wird mit vielen Originalexponaten und moderner Museumsmethodik nicht nur an das Leben der Grimms und die Märchentradition erinnert, es hat sich in den vergangenen Jahren auch zu einer renommierten Ausstellungsstätte entwickelt. Die vermutlich bedeutendste und größte läuft gerade: Mehr als 500 Exponate dokumentieren im Brüder-Grimm-Haus und parallel im nahe gelegenen Rathaus das Leben und Werk des spanischen Surrealisten Salvador Dalí von seinen Kindheitstagen bis zum Tod im Jahr 1989. 250 Künstlergrafiken, Originalplastiken, Kunstobjekte, Reproduktionen seiner berühmtesten Werke sowie Kunstobjekte berühmter Künstlerkollegen von Goya bis Picasso werden noch bis Ende September präsentiert.

Die Resonanz auf die Ausstellung sei mit fast 2000 Besuchern in den ersten drei Wochen enorm, bilanziert Museumsleiter Dietmar Broj. Beliebt sind auch die sonntäglichen Stadtführungen, darunter die „Grimm-Zeit“, eine Führung mit VR-Brille, die zu Begegnungen mit den Brüdern Grimm an Originalschauplätzen verhilft.

Puppentheater hat in Steinau Tradition. Seit dem Jahr 2017 wird diese im Theatrium Steinau, dem einstigen Marstall des Schlosses mit rund 100 Plätzen, fortgeführt. Hier steht nicht nur Marionettentheater im Programm, sondern alle Arten von Puppentheater für Kinder und Erwachsene sowie Kleinkunst und Kinovorführungen werden geboten. Mit der Auslastung im vergangenen Jahr ist Betreiber Detlef Heinichen zufrieden. Er hofft zusammen mit seiner Mitbetreiberin Ella Späte auf eine ähnlich erfolgreiche Saison in diesem Jahr. Neue Produktionen haben die beiden Träger des Kulturpreises 2023 des Main-Kinzig-Kreises aber nicht im Programm, da nach den Worten von Heinichen derzeit die öffentlichen Förderungen von Land und Bund nur sehr zögerlich oder gar nicht flössen. Das sei zu Corona-Zeiten noch anders gewesen.

Rund 100.000 Gäste im Erlebnispark

Neu ist allerdings ein Stück eigens für den Erlebnispark Steinau, der in dieser Saison sein dreißigjähriges Bestehen mit vielen Aktionen feiert. In dem Familienstück wird laut Heinichen für Toleranz und Vielfalt geworben. Die Premiere im Park sei schon sehr erfolgreich verlaufen. Im Mittelpunkt steht der Esel Erli, das Maskottchen des Parks. Der Freizeitpark, der am Samstag die Saison eröffnet hat, bietet auf einem Areal von 15 Hektar unter anderem Familienfahrgeschäfte, Kleintiere und eine 850 Meter lange Sommerrodelbahn. 35 überdachte Hütten und 15 Picknick-Pavillons laden nach Anmeldung kostenlos zum Grillen und dem Verzehr mitgebrachter Speisen ein. Rund 100.000 Gäste wurden nach Angaben von Betreiber Theo Zwermann im vergangenen Jahr gezählt.

Einen Rückgang der Besucherzahlen verzeichnete in der Saison 2023 hingegen die Teufelshöhle. Sie gehört der Stadt und wird vom Gewerbe- und Verkehrsverein betrieben. Rund 6000 Eintrittskarten wurden verkauft, im Jahr 1999 zählte man noch etwa 20.000 Besucher. Der Rückgang liegt nach Angaben des Vereins aber nicht an mangelndem Interesse, denn die Höhle weist nicht nur geologische Attraktionen auf, sondern auch viele seltene Tierarten. Rund 175 verschiedene von der Ringelnatter über Fledermäuse bis hin zu Spinnen, die nur in Höhlen leben, wurden dort gesichtet. Nur wenige von ihnen sind bei den Führungen zu sehen, denn die meisten verstecken sich, etwa die Große Höhlenspinne, die in Wirklichkeit nur wenige Millimeter groß und mit bloßem Auge im Höhlenlicht ohnehin kaum zu sehen ist.

Rundweg durch Tropfsteinhöhle

Der Rückgang der Besucherzahlen liegt an verkürzten Öffnungszeiten. Die Tropfsteinhöhle kann nicht mehr täglich, sondern nur freitags, samstags und sonntags sowie von Gruppen nach Vereinbarung besichtigt werden, was dem Mangel an ausgewiesenen Höhlenführern geschuldet ist. An sie werden hohe Anforderungen gestellt. Steinaus Bürgermeister Christian Zimmermann (parteilos) stellte zum Saisonauftakt Besserung in Aussicht.

Mit finanzieller Unterstützung von Spessart Regional und dem europäischen Leader-Programm sollen weitere Höhlenführer ausgebildet werden. Dafür gebe es schon mindestens zwei Geologinnen als ernsthafte Interessentinnen. Über das Leaderprogramm werden Zimmermann zufolge auch eine „Spessartspur“, ein Rundweg an der Tropfsteinhöhle, sowie teure Reparaturen innerhalb der Höhle ganz oder teilweise finanziert.

Seit dem vergangenen Jahr sind Steinau und die benachbarte Kurstadt Bad Soden-Salmünster mit dem Lern- und Erlebnispfad „Ardeas“ rund um den Kinzigtal-Stausee um eine überregionale Attraktion reicher. Der Rundweg, initiiert von der Spessart Marketing Gesellschaft des Main-Kinzig-Kreises und der IHK, wurde mit 16 Spiel- und unterhaltsamen Informationsstationen ausgestattet. Mittlerweile ist der Stausee, der vorübergehend wegen Sanierungsarbeiten ohne Wasser war, wieder gefüllt. Am 28. März wird der neue Kiosk mit Biergarten, Aussichtsplattform und Wasserspielplatz eröffnet. Mit den Tretbooten an gewohnter Stelle, aber an erneuertem Steg sollen Besucher im Lauf des Frühjahrs wieder fahren können.

Touristische Arbeitsgemeinschaft

Steinau an der Straße ist seit Langem kein kultureller Geheimtipp mehr, doch für die Bekanntheit im Rhein-Main-Gebiet und überregional gibt es noch Luft nach oben. Geplant ist daher eine touristische Arbeitsgemeinschaft, um die Marke „Bergwinkel“, wie die Region heißt, zu stärken. Kernkommunen sind nach den Worten von Bürgermeister Zimmermann neben Steinau die Städte Bad Soden-Salmünster, Wächtersbach und die Gemeinde Sinntal. Mit einer gemeinsamen Werbestrategie soll ein breiteres Publikum erreicht werden.

Außerdem gilt es, Defizite auszugleichen. So gibt es in Steinau noch immer keine Hotelbetten, und auch gastronomisch besteht Nachholbedarf. Mehrere Investorenprojekte haben sich in den vergangenen Jahren zerschlagen. Vor allem der frühere Bürgermeister Walter Strauch (SPD) hatte sich um die Ansiedlung eines Hotels bemüht, auch mit Blick auf Gäste aus Asien, die am Frankfurter Flughafen ankommen. Daraus ist bis heute nichts geworden. Auch Zimmermann will sich in dieser Richtung engagieren, aber es sei schwierig, in Steinau ein geeignetes Areal zu finden. So werden Übernachtungsgäste weiterhin auf Nachbarkommunen ausweichen müssen. „Dafür haben wir die meisten Veranstaltungen und touristischen Ziele“, sagt Bürgermeister Zimmermann.

Weitere Informationen hier oder telefonisch unter 06663/96310.

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