GIRLS GIRL: DIESER TIKTOK-TREND FEIERT DEN ZUSAMMENHALT UNTER FRAUEN - UND RäUMT MIT ALTEN VORURTEILEN AUF

Der “Girl’s Girl”-Trend macht gut, was die Nullerjahre Frauen auf der ganzen Welt angetan haben

Man kann den Nullerjahren viel vorwerfen – besonders als Frau: Von toxischen Körperbildern über Hüfthosen bis hin zum Narrativ, dass Männer, die gemein sind, einen eigentlich mögen. Eine der größeren Sünden der 2000er-Jahre war es aber, Frauen gegeneinander auszuspielen. Ein Narrativ herrschte vor: Männer waren die einzig wahren Menschen. Jungs die einzigen Teenies, die cool waren. Und recht viel mehr brauchte es damals nicht, und das “Pick Me Girl” war geboren. Ein klangvoller Begriff für die Frauen, die alles Weibliche ablehnten, eigentlich eine von den Jungs waren, Converse Chucks zu ihrem Ballkleid trugen, gern Computerspiele spielten und insgesamt einfach mit Männern besser klarkamen. Es war die Zeit, als es eines der größten Komplimente von einem Verehrer war: Du bist nicht wie andere Frauen.

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Neid unter Frauen: Sind Frauen wirklich ständig eifersüchtig aufeinander?

Let's talk

Egal welches Problem eine Frau mit einer anderen Frau hat, die naheliegendste Erklärung lautet immer: Sie ist neidisch. Unsere Autorin fragt sich, was an diesem Vorurteil dran ist und warum es sich vor allem unter Frauen so hartnäckig hält

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Das Feindbild der 2000er: Weiblichkeit in Form von Pink und Glitzer

Die Popkultur schlachtete diese Ablehnung von Weiblichkeit aus: In Highschool- und Coming-of-Age-Filmen oder Musikvideos war die hübsche Cheerleaderin das Feindbild, während die Traummänner erst erkennen mussten, dass die nerdy beste Freundin mit der dicken Brille ihre Traumfrau war. Taylor Swift, Pink oder auch Avril Lavigne sangen darüber. Mädchen, die auf Glitzer und Pink standen, wurden in den Filmen und Büchern dieser Zeit immer als furchtbare, unangenehme Menschen dargestellt. Und das hinterließ seine Spuren.

Heute berichten Frauen Mitte 30 auf Social Media darüber, was diese Bewegung mit ihnen machte: Obwohl sie gern einen Rock getragen oder sich geschminkt hätten, machten sie es nicht. Weiblichkeit war nicht gleichbedeutend mit Coolness. Im Gegenteil. Über Frauen oder Mädchen, die ihre Femininität auslebten, konnte und durfte man sich lustig machen. Frauen wurden als Nebeneffekt des Patriarchats (“Hello, it’s you, you are the problem”, ganz nach Taylor Swift) gegeneinander ausgespielt. Hallo, Stutenbissigkeit, hallo, Eifersucht.

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align-centerDie Zeiten, als es uncool war, ein Mädchen zu sein, liegen hinter uns - und damit auch die Illusion, dass Frauen nicht gern Zeit mit ihren Geschlechtsgenossinnen verbringen

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Mehr als ein Jahrzehnt später erleben wir auf Social Media gerade eine Gegenbewegung, und die heilt für Frauen über 30 zumindest teilweise die alten Wunden der 2000er-Jahre. Die Zeiten der “Pick Me Girls” sind vorbei, und gerade im Sommer 2023 wurden dank Barbie, Taylor Swift und Beyoncé wieder Pink, Glitzer und Weiblichkeit gefeiert. Frauen nennen sich gegenseitig “Girl”, “Girl”-Trends wie Girl Math, Girl Dinner oder Hot Girl Walks (über-)fluteten das Internet – manchmal mit zweifelhaftem Resultat.

Die Zeiten, als es uncool war, ein Mädchen zu sein, liegen hinter uns. Und damit auch die Illusion, dass Frauen nicht gern Zeit mit ihren Geschlechtsgenossinnen verbringen. Der Unterschied heute ist, dass viele Frauen andere Frauen als Verbündete und nicht als Konkurrenz sehen. Die Aussage “Du bist nicht wie andere Frauen” ist kein Kompliment mehr. Eine TikTok-Userin stellt in einem Video sogar klar: “Ich liebe es, wie andere Frauen zu sein. Ich liebe es, andere Frauen zu sehen, die dieselben Kopfhörer wie ich tragen. Das ist das größte Kompliment. Sie sehen großartig aus.”

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Girl’s Girl: Eine Frau für andere Frauen

Gerade auf TikTok hat sich deshalb der Begriff Girl’s Girl etabliert. Ein Mädchen für die Mädchen. Eine Frau für andere Frauen. Weg vom Male Gaze. Dabei geht es nicht um Matching Outfits, sondern vielmehr um ein Mindset: Diese Frauen verteidigen dich in Gesprächen. Sie sprechen dich auf der Straße an, um dir zu sagen, dass du Lippenstift auf den Zähnen hast. Sie werden sich nie mit einer Gruppe von Männern zusammentun, um dich auszulachen. Sie feuern dich an. Sie stellen ihre Freundschaften an die erste Stelle und unterstützen auch Entscheidungen, die sie selbst nicht verstehen. Diese Frauen lieben einander bedingungslos, unterstützen ihre Lieblingsmenschen in schwierigen Zeiten und feiern die Erfolge der anderen Girls. Sie sind diejenigen, die sich auf Partys um dich kümmern, wenn du zu viel getrunken hast oder weinst, auch wenn sie dich nicht kennen.

Dabei darf man nie vergessen: Es geht dabei nicht darum, dass alle Frauen gleich sein müssen. Emma Watson sagte bereits 2017 in einem Interview mit der Vanity Fair: “Feminismus ist nicht ein Stock, mit dem man andere Frauen schlagen soll. Es geht um Freiheit.” Und genau darum geht es den Girl’s Girls.

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Girl’s Girls wollen Gerechtigkeit für ihre Geschlechtsgenossinnen

Immer öfter sieht man auf TikTok auch Videos, in denen Frauen die Freundinnen oder Ehefrauen von Männern suchen, weil sie mitbekommen, dass sie vermutlich betrogen werden. “Wenn dein Mann gerade im Flugzeug von New York nach Las Vegas saß und dich und dein Kind vor dem Abflug noch angerufen hat, dann melde dich. Er betrügt dich und hat direkt nach dem Telefonat ein Date vereinbart. Ist das seine Armbanduhr?”, schreibt eine Nutzerin und teilt ein Bild seines Handgelenks.

Die Frauen in der App kommen daraufhin zusammen, teilen das Video Hunderte Male, befeuern den Algorithmus, setzen alles daran, um die Frau zu finden und zu warnen. Girl’s Girls wollen Gerechtigkeit für ihre Geschlechtsgenossinnen. Zugegeben: Das ist nicht ganz unproblematisch, wenn man die Lebensumstände der fremden Person neben sich gar nicht kennt (offene Beziehung, anyone?).

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Auch Stars wie Taylor Swift, Beyoncé und Blake Lively sind Girl’s Girls

Der TikTok-Trend scheint nicht nur in der digitalen Welt stattzufinden, sondern auch in die Welt der Stars angekommen zu sein. Wurden Sängerinnen wie zum Beispiel Taylor Swift oder Beyoncé früher häufig gegeneinander ausgespielt und ihnen sogar “Zickenkrieg” angedichtet, so unterstützen sich diese inzwischen ganz offen – so, dass es alle sehen können. Die Künstlerinnen besuchten jeweils die Tour-Film-Premieren der anderen, nachdem sie wenige Monate zuvor Rekorde gebrochen hatten.

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Schauspielerin Blake Lively hielt dieses neue Mindset in einem Instagram-Post fest: “Als ich aufwuchs, wurden Frauen immer gegeneinander ausgespielt”, schrieb sie. “Ich habe bis ins Erwachsenenalter gebraucht, um zu erkennen, dass der Instinkt von Frauen, einander zu ihrem höchsten Potenzial zu erheben, die Norm ist und nicht die Ausnahme. Die meisten meiner besten Freundinnen sind Frauen, die ich früher als Bedrohung oder Konkurrenz empfunden hätte. Es ist unsere Aufgabe, den jüngeren Generationen zu zeigen, wie wichtig es ist, sich zu verbünden, statt sich zu trennen.” Und die “Gossip Girl”-Schauspielerin hat recht – denn was gibt es Schöneres, als die Frauen in seinem Leben gewinnen zu sehen?

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