CANNABIS-LEGALISIERUNG SORGT FüR ÄRGER: GASTRONOMEN IM SAUERLAND VERHäNGEN KONSUMVERBOTE

Freiheit mit Einschränkungen

Cannabis-Legalisierung sorgt für Ärger: Gastronomen im Sauerland verhängen Konsumverbote

Nach langem Ringen und teils hitzigen Debatten ist die Legalisierung von Cannabis in Deutschland seit 1. April 2024 beschlossene Sache. Bedeutet: Besitz und Anbau sind bis zu gewissen Mengen straffrei erlaubt. Doch es hagelt Kritik, unter anderem von Gastronomen in der Region, die bereits Konsumverbote verhängen.

Winterberg/Olsberg – Für viele Befürworter ist die Legalisierung wohl eine neu gewonnene Freiheit, für andere ein echtes Ärgernis. Schließlich kann im Zuge der Legalisierung auch in der Öffentlichkeit – im wahrsten Sinne „in vollen Zügen“ – gedampft werden. Das sorgt vor allem für dichte Rauchwolken in den Köpfen zahlreicher Betreiber von Ausflugs-Hot-Spots und Gastronomien im Hochsauerlandkreis. Laut des in Kraft getretenen Gesetzes ist der Konsum in Sichtweite zu Schulen, Kitas, Spielplätzen und Sportstätten zwar verboten; und auch in Fußgängerzonen darf zwischen 7 und 20 Uhr nicht gekifft werden.

Doch wie schaut es in den Außenbereichen der Gastronomiebetriebe aus? Nach Gesetzeslage herrscht hier prinzipiell ein „Freifahrtschein“ zum Konsum – doch den wollen viele Betreiber offenbar nicht gelten lassen. Von Komplettverboten und dem Gebrauch des Hausrechts ist vielerorts die Rede. Der SauerlandKurier hat einige Stimmen von der Ausflugsgastronomie bis hin zum Familienrestaurant eingefangen und nachgehakt, wie die Betreiber mit der Legalisierung umgehen.

Möppis Hütte

In der überregional bekannten Event- und Ausflugslokalität „Möppis Hütte“ in Winterberg herrscht Konsumverbot – und das ausdrücklich sowohl im Innen- als auch Außenbereich. „We say no to Cannabis“: Diesen Wortlaut geben die Betreiber diese Woche in einem Post in den sozialen Medien kund. Man folge damit dem Beispiel niederländischer Diskotheken, wo man das Konsumverbot trotz Legalisierung ebenfalls beibehalten habe. Die Betreiber von „Möppis Hütte“ wollen sich keinen zusätzlichen Kontrollaufwand aufbürden, heißt es. Wer gewisse Mengen für den Eigenbedarf mit sich führe, könne diese problemlos in seiner Jacke oder Tasche lassen. Die Reaktionen fallen nahezu einstimmig aus: „Richtige Entscheidung“, lautet das Fazit in den Kommentaren.

Restaurant Syrtaki

Auch das Restaurant Syrtaki in Olsberg distanziert sich klar vom Cannabis-Konsum in der Lokalität – schließlich handele es sich dort um ein Familienrestaurant, wo das „Kiffen“ keinen Platz habe. Die Betreiber machen von ihrem Hausrecht Gebrauch und bitten ihre Gäste, den Konsum insbesondere auch auf der Außenterrasse zu unterlassen, so die Ankündigung in den sozialen Medien. „Cannabis darf gesetzlich nicht in unmittelbarer Nähe von Minderjährigen konsumiert werden. Wir sind ein familienfreundliches Restaurant und das Alter unserer Gäste ist gemischt. Uns liegt es am Herzen, weiterhin eine sichere und angenehme Umgebung für alle zu gewährleisten“, heißt es in dem Post, für den die Restaurant-Betreiber ebenfalls viel Zuspruch erhalten.

„Wenn jemand unbedingt Cannabis rauchen möchte, lässt sich sicherlich eine andere Gelegenheit als bei uns finden. Das passt, wenn überhaupt, eher in eine Bar oder Kneipe in der Großstadt. Zu uns als Gastronomiebetrieb in der Kleinstadt, wo viele Familien ihre Zeit verbringen, passt es allerdings nicht. Und für die Erwachsenen gibt es von uns stattdessen lieber mal einen Ouzo mehr“, erklärt Chrissovalantis Pavlidis zum Umgang mit dem doch sehr polarisierenden Thema.

Bistorant Uppu

Ob die „normale“ Zigarette oder eben die mit Cannabis bestückte – im Bistorant Uppu in Winterberg halte man sich neutral, was den Konsum auf der Außenterrasse betrifft. Ein Verbot gibt es dort nicht. „Hauptsache, die Leute sind volljährig und solange es draußen stattfindet, ist das für uns in Ordnung“, sagt Geschäftsführerin Ellen Sommer-Gruß. Sie könne nicht ganz nachvollziehen, dass daraus ein „Aufregerthema“ gemacht werde. „Es ist nun mal legal und wird im Gegensatz zum Alkohol – mit oft viel schlimmeren Folgen – immer sehr verteufelt. Das sollte man dabei im Hinterkopf behalten.“

Café Extrablatt

Anders läuft es wiederum im Café Extrablatt, direkt am Winterberger Marktplatz gelegen. Hier ist Konsum trotz Legalisierung verboten. „In den Großstädten riecht es schon überall nach Cannabis – das wollen wir hier nicht. Wir verfügen über eine große Außenterrasse, wo sich auch Familien mit Kindern, sprich Minderjährigen, einfinden. Da gehört kein Konsum hin“, erklärt Inhaber Ibrahim Galani.

Die „Bubatzkarte“ gibt einen Überblick

Doch woher weiß man denn nun, wo der Konsum grundsätzlich erlaubt ist und wo es Einschränkungen oder gar Verbote gibt? Ein „Hilfsmittel“, die sogenannte „Bubatzkarte“, soll die eingeschränkten Zonen in roter Farbe sichtbar machen – so auch im abgebildeten Beispiel von Winterberg, welches mit auffällig vielen, markierten Zonen heraussticht.

Die Karte wurde von einem Softwareentwickler aus Koblenz, zunächst aus persönlichem Interesse, programmiert. Aus einer klein angelegten Idee wurde schließlich eine Karte für ganz Deutschland veröffentlicht, in der nachzusehen ist, in welchen Bereichen verstärkt auf die Sichtweite geachtet werden sollte. Die „Bubatzkarte“ basiert auf öffentlichen Daten von OpenStreetMap. Hier kann jeder eine Verbotszone eintragen, die nach etwa ein bis zwei Tagen in der Karte sichtbar wird. Rechtlich bindend ist die Karte nicht, eine Garantie auf Vollständigkeit gibt es ebenfalls nicht.

Ob den Gastronomen noch weitere im Hochsauerlandkreis folgen werden, bleibt wohl eine individuelle Frage und Entscheidung. Von einer grenzenlosen Freiheit kann trotz Legalisierung jedoch nicht die Rede sein.

Verbotszonen

Im Detail legt der Gesetzgeber folgende Verbotszonen fest:

- in Schulen und in deren Sichtweite,

- auf Kinderspielplätzen und in deren Sichtweite,

- in Kinder- und Jugendeinrichtungen und in deren Sichtweite,

- in öffentlich zugänglichen Sportstätten und in deren Sichtweite,

- in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr und

- innerhalb des befriedeten Besitztums von Anbauvereinigungen und in deren Sichtweite.

Dabei sei eine Sichtweite bei einem Abstand von mehr als 100 Metern aber nicht mehr gegeben, heißt es weiter.

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